Die Frau meines Lebens by Nicolas Barreau

Die Frau meines Lebens by Nicolas Barreau

Autor:Nicolas Barreau [Barreau, Nicolas]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
ISBN: 9783492959995
Herausgeber: Piper ebooks
veröffentlicht: 2012-09-19T13:14:43+00:00


13

Nie wieder werde ich mich über schlechtes Wetter beschweren, das schwöre ich! Bei Sonnenschein, da bin ich mir absolut sicher, wäre ich an der Litfaßsäule vorbeispaziert, ohne das geringste zu bemerken. Ich wäre daran vorbeigegangen, und damit wäre diese Geschichte zu Ende gewesen.

Vielleicht hätte ich in den nächsten Wochen noch jeden Tag voller Sehnsucht an Isabelle gedacht, in den nächsten Monaten gelegentlich, und dann, als alter Mann, hätte ich vielleicht ganz plötzlich noch einmal das Bild der schönen Frau aus dem Café de Flore vor mir gesehen, weil eine der hübschen, jungen Pflegerinnen im Altenheim an einem regnerischen Tag im Frühling ihren roten Regenschirm aufgespannt hätte, bevor sie nach Hause eilte.

Ich hätte mich erinnert an jenen aufregenden Tag im April, als ich die Frau meines Lebens fand und wieder verlor, und die Erinnerung wäre mir dennoch näher gewesen als das, was gerade um mich herum passiert wäre, als die Menschen, die kamen und gingen und von denen ich die Namen und das, was sie mir erzählten, oft genug vergaß.

Letztlich sind es immer nur die Erinnerungen, die bleiben. Doch den Erinnerungen an das, was niemals stattfinden konnte, haftet unweigerlich etwas von der leisen Wehmut unerfüllter Wünsche an. Als hätte das Leben seine Versprechen nicht eingelöst.

So aber hatte der Regen einen Zipfel des Plakats gelöst, der Wind hatte ungeduldig daran herumgezerrt, und durch die Bewegung war mein Blick genau auf die Stelle gelenkt worden, wo die Geschichte weiter ging. Auf das Gesicht des Mannes, den ich Snape nannte. Der Mann, der mit Isabelle im Café gewesen war.

Er hielt eine Geige in der Hand und sah mich aus seinen dunklen Augen an.

»Ich fasse es nicht, das ist Snape«, sagte ich noch einmal.

»Wer ist Snape?« fragte Nathan mißtrauisch.

»Na, der Mann aus dem Flore. Das ist er!« entgegnete ich ungeduldig.

»Wieso Mann? Ich dachte, du suchst eine Frau.« Nathan kam nicht mehr mit.

»Mensch, kapierst du nicht – das ist der Typ, mit dem Isabelle in dem Café zusammen war«, rief ich aufgeregt und studierte das Plakat genauer. Das St. Petersburger Salon-Orchester spielte – nein, hatte gespielt. Das Konzert war bereits letzte Woche gewesen.

»Und der heißt Snape?« fragte Nathan ungläubig.

Ich muß gestehen, daß ich dieses Detail meiner kleinen Geschichte ausgelassen hatte, als ich Nathan von der Begegnung mit Isabelle erzählte.

»Nein, natürlich heißt er nicht wirklich Snape, ich nenne ihn nur so. Was weiß ich, wie der Blödmann heißt …« Der Wind zerrte erneut an dem Plakatzipfel und gab plötzlich ein paar Buchstaben frei, die sich vor meinen Augen allmählich zu einem Namen formten. »Di-mi-tri An-to-nov«, las ich langsam.

Und dann wäre ich fast in Ohnmacht gefallen.

Eine Welle der Erkenntnis schwappte über mir zusammen, ich hörte eine Stimme, die »Dimitri-Dimitri« in mein Ohr schrie und Walzermelodien summte, Snape fidelte vor mir auf seiner Geige, aber es war gar nicht Snape, es war Dimitri. Der Dimitri, der sich mit Isabelle im Café getroffen hatte, jener Dimitri, von dem die durchgeknallte Russin am Telefon faselte, deren Nummer ich aus welchem Grund auch immer von Isabelle bekommen hatte.

Das war kein Zufall, das war das fehlende Verbindungsstück.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.